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Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 26.06.2007
Aktenzeichen: 7 K 1564/06
Rechtsgebiete: Position
Vorschriften:
Position 8521 KN | |
Position 8543 KN |
HESSISCHES FINANZGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Geschäftsnummer: 7 K 1564/06
In dem Rechtsstreit
wegen Einfuhrabgaben
hat der 7. Senat des Hessischen Finanzgerichts nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 26. Juni 2007 unter Mitwirkung
der Vorsitzenden Richterin am Hessischen Finanzgericht des Richters am Hessischen Finanzgericht des Richters am Hessischen Finanzgericht sowie des ehrenamtlichen Richters und der ehrenamtlichen Richterin
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand:
Bei der vorliegenden Sprungklage ist streitig, ob die Abgabenfestsetzung im Zollbescheid vom 2. Mai 2006 auf der Grundlage einer zutreffenden Einreihung der von der Abgabenerhebung betroffenen Waren in die Kombinierte Nomenklatur erfolgt ist.
Die von der Klägerin beauftragte Spedition meldete am 2. Mai 2006 beim Zollamt Fracht des Hauptzollamtes unter der Warennummer 8521 9000 900 als "Videogerät zur Bild- und Tonaufzeichnung oder Wiedergabe mit eingebautem Videotuner" bezeichnete Waren an und beantragte die Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr. Dieser Vorgang ist unter der Registriernummer erfasst.
Ursprungs- und Versendungsland ist Südkorea.
Die Abfertigung erfolgte antragsgemäß. Die Abgaben wurden unter Zugrundelegung eines Abgabensatzes von 14 % auf EUR Zoll sowie EUR Einfuhrumsatzsteuer festgesetzt.
Im Luftfrachtbrief wird der "Taric Code: 8471.50.9000" angegeben. In der Handelsrechnung vom 25. April 2006 wird die Ware als "PC BACE DIGITAL EQUIPMENT (TARIC CODE: 8471.50.9000)" unter Verwendung der Modellangabe A 1 sowie A 2 beschrieben.
Nach dem von der Klägerin vorgelegten Benutzerhandbuch unterscheiden sich die beiden Modelle insbesondere in der Anzahl der Kameraeingänge. Die digitalen Videorekorder haben entweder 9 oder 16 Kanäle. Sie sind bis auf die Anzahl der Kameras und Alarme, die angeschlossen werden können, sowie die Anzahl der Kameras, die angezeigt werden können, identisch.
Sowohl der Luftfrachtbrief wie auch die Handelsrechnung lagen im Zeitpunkt der Zollanmeldung nicht bei der Abfertigungsstelle vor, weil die Anmeldung elektronisch im System ATLAS erfolgte.
Mit der gegen diesen Einfuhrabgabenbescheid vom 2. Mai 2006 gerichteten Sprungklage beantragte die Klägerin zunächst, festzustellen, dass die zolltarifliche Einreihung der streitigen digitalen Aufzeichnungsgeräte zur Verwendung in Videoüberwachungssystemen in die Unterposition 8543 87 99 KN zu erfolgen habe.
Die Klägerin hatte bereits am 7. Februar 2006 aufgrund entsprechender eigener Antragstellung von der zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt München für die Geräte A eine verbindliche Zolltarifauskunft erhalten, mit der diese in die Unterposition 8521 9000 KN eingereiht worden waren. Die Klägerin hat diese Verwaltungsentscheidung angegriffen. Eine abschließende gerichtliche Entscheidung steht insoweit noch aus.
Videoaufzeichnungssysteme vom Typ A werden in kleineren Videoüberwachungsanlagen eingesetzt. Nach ihrem Verwendungszweck handelt es sich um digitale Bildspeicher für Sicherheitsanwendungen. Die Hauptaufgabe dieser Bildspeicher besteht in der Aufzeichnung von Videosignalen; die Aufzeichnung von Audiosignalen - ihre Zulässigkeit vorausgesetzt - erfolgt optional je nach Anforderung. Die Qualität der Audioaufzeichnung entspricht der Qualität einer Telefonverbindung.
Das im Benutzerhandbuch als digitaler Farbvideorekorder (DVR) bezeichnete Gerät verfügt über Aufnahmefunktionen für 9 oder 16 Kameraeingänge. Es bietet sowohl im Live- als auch im Wiedergabemodus eine außergewöhnliche Bildqualität und weist die folgenden Funktionsmerkmale auf:
- Effizientes Komprimierungsverfahren "MPEG4 Technology"
- 9 oder 16 BAS-Eingänge
- Mehrere Suchfunktionen (Datum/Uhrzeit, Kalender, Ereignis)
- Aufnahme von bis zu 50 PAL-Bildern pro Sekunde (PAL) bzw. 60 NTSC-Bildern pro Sekunde
- Durchschleifbare Videoanschlüsse
- Kontinuierliche Aufnahme im Datenträgerüberschreibmodus
- Videoarchivierung via Ultra SCSI Schnittstelle
- Fortgesetzte Aufnahme während Archivierung, Übertragung zum entfernten Standort und Wiedergabe
- Mehrsprachiges Menüsystem auf benutzerfreundlicher grafischer Benutzeroberfläche (GUI)
- Zwei Aufnahmemodi (Zeit und Ereignis)
- Audioaufnahme und -wiedergabe
- Alarmanschlüsse: Eingänge, Ausgang und Eingang zum Zurücksetzen
- Integrierter Alarmsummer
- Zugriff auf Live- oder aufgenommene Videobilder über Ethernet oder externes Modem
- Kompatibilität mit Farbvideoquellen (PAL oder NTSC) und Schwarzweißvideoquellen (CCIR und EIA-170)
Die Klägerin beschreibt ihr Produkt wie folgt:
Die Videoaufzeichnungssysteme vom Typ A sind das Herzstück kleinerer Videoüberwachungsanlagen (im englischen als closed circuit television - CCTV bezeichnet). Technisch handelt es sich bei diesen CCTV-Systemen um analoge oder digitale Videokameras, deren Videosignale in speziellen Videoservern bzw. in Festplattenrekordern der hier betroffenen Art gespeichert und auf einem Anzeigegerät dargestellt werden. Die Geräte vom Typ A bestehen aus einer Kombination aus Einzelkomponenten. Der Bildspeicher besteht aus einer Hauptplatine mit dem Hauptprozessor, Speicherbausteinen und Anschlussmöglichkeiten für die internen Festplatten. Die Kommunikation der einzelnen Bausteine der Hauptplatine erfolgt über den internen Bus. Der Hauptprozessor sorgt zum einen für die Steuerung der internen Komponenten über den Bus und zum anderen für die externe Kommunikation über standardisierte Schnittstellen. Über diese Schnittstellen können externe Geräte an den Bildspeicher angeschlossen werden (z.B. USB-Festplatten, Netzwerkgeräte oder Modems, Tastatur, Maus, externe Brenner oder auch externe Festplatten). Daneben enthalten die A spezielle Bausteine für die Digitalisierung (A/D-Wandler) und die Komprimierung der analogen Videosignale. Diese Bausteine sind auf der Hauptplatine integriert. Als Betriebssystem wird bei den A eine Linuxplattform verwendet. Je nach Modell verfügen die A -Geräte über einen oder vier Audiokanäle, die optional ein- oder ausgeschaltet werden können. Die Anzahl der Audiokanäle entspricht also nicht grundsätzlich der Anzahl der Videokanäle, sodass es nicht möglich ist, simultan für alle Videokanäle ein Audiosignal aufzunehmen. Bei dem A 1 Gerät ist es nicht möglich, ein Audiosignal einem Videosignal direkt zuzuordnen.
Die Einsatzmöglichkeiten dieser Geräte werden von der Klägerin vertiefend im Schriftsatz vom 9. Oktober 2006 beschrieben. Auf diesen Schriftsatz wird insoweit verwiesen.
Die Klägerin hat ein technisches Gutachten zur Begutachtung der Leistungsmerkmale der digitalen Überwachungsgeräte vom Typ A im Vergleich zu Videogeräten der Position 8521 des Zolltarifs als Entscheidungshilfe für die zolltarifliche Einreihung des A durch Herrn X erstellen lassen. Dieses wurde als Anlage 6 zum Schriftsatz vom 12. Juni 2006 zu den Gerichtsakten gegeben. X beschreibt in der unter dem 31. Mai 2006 erstellten Ausarbeitung fünf von ihm als wesentlich bezeichnete Aspekte, nach denen die im A verwendeten digitalen Bild- und Tonsignale nicht den in Videogeräten zur Bild- und Tonaufzeichnung üblichen Fernsehformaten entsprächen. Eine Aufzeichnung und Wiedergabe von Bild- und Tonsignalen in der Form und Qualität, wie sie heute im Fernsehrundfunk verwendet würden, sei mit dem A daher nicht möglich. Der Gutachter hat dabei für seine vergleichende Gegenüberstellung als von der Position 8521 KN erfasste Geräte "typische Videogeräte im Consumerbereich" gewählt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf dieses Gutachten Bezug genommen.
Die Klägerin ist der Auffassung, für die von ihr eingeführten Geräte des Typs A komme entweder eine Zuordnung zu der Position 8521 KN (Videogeräte zur Bild- und Tonaufzeichnung oder -wiedergabe, auch mit eingebautem Videotuner) oder zu der Position 8543 KN (elektrische Maschinen, Apparate und Geräte mit eigener Funktion, in Kapitel 85 anderweit weder genannt noch inbegriffen) in Betracht. Zu der letztgenannten Position sei eine Zuordnung nur dann möglich, wenn die Ware nicht von der genaueren Position (hier also Position 8521 KN) erfasst werde.
Anhand der im maßgebenden Zeitpunkt der Abgabenschuldentstehung feststellbaren objektiven Merkmale und Eigenschaften könnten die genannten Geräte A aber nicht der Position 8521 KN zugeordnet werden, weil sie den darin genannten Videogeräten nicht entsprechen würden. Denn sie würden gerade nicht die klassischen Aufgaben eines Videorekorders, nämlich die gleichzeitige Bild- und Tonaufzeichnung und Wiedergabe erfüllen, sondern seien ganz spezifisch auf den Einsatz in Videoüberwachungssystemen ausgerichtet, die wesentlich höhere Anforderungen stellen würden. Eine Aufzeichnung und Wiedergabe von Bild- und Tonsignalen in der Form und Qualität, wie sie heute im Fernsehrundfunk verwendet würden, sei mit den Geräten vom Typ A nicht möglich. Ausgehend von den Kriterien in den Erläuterungen der WCO zur Position 8521 HS handele es sich bei den Aufzeichnungsgeräten vom Typ A nicht um Videogeräte im Sinne dieser Position, weil die aufgezeichneten Signale nicht den Bildern und dem Ton entsprechen, wie sie von einer Fernsehkamera oder einem Fernsehempfangsgerät oder ggf. auch von einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine empfangen worden seien. Damit entfalle die Anwendbarkeit der genaueren Position 8521 KN, sodass die Geräte als elektrische Maschinen, Apparate und Geräte mit eigener Funktion der Position 8543 KN (Zollsatz 3,7 %) zuzuordnen seien.
Für diese von der Klägerin vertretene Tarifauffassung spräche auch die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften in dem von der Firma Ikegami geführten Rechtsstreit. Dieses Verfahren habe sich auf von der Firma Ikegami Electronics (Europe) GmbH als digitale Aufzeichnungsgeräte mit der Bezeichnung "Digitalrekorder STR/G 800/8" bezeichnete Geräte bezogen. Auch diese seien speziell für Sicherheitsanwendungen konzipiert, sodass die Funktionalitäten prinzipbedingt sehr ähnlich seien. Der Hauptunterschied zwischen den Ikegami und den A -Bildspeichern bestehe im Betriebsystem, bei dem es sich bei Ikegami um Windows von Microsoft handele. Wegen der eingehend herausgearbeiteten Vergleichbarkeit der beiden Geräte wird auf die Schriftsätze der Klägerin verwiesen. Diese Überlegungen seien nach Auffassung der Klägerin deswegen von besonderer Bedeutung, weil nach den Feststellungen der Generalanwältin in ihren Schlussanträgen vom 20. Januar 2005 in der das Ikegami-Gerät betreffenden Rechtssache C-467/03 diese festgestellt hätte, dass die Ikegami-Geräte anders als ein üblicher DVD-Rekorder alle Anforderungen der Anmerkung 5 E des Kapitels 84 KN erfüllen. Sie seien spezifisch auf den Einsatz in einem Videoüberwachungssystem ausgerichtet, das andere Anforderungen stelle als die klassischen Aufgaben eines Videorekorders, nämlich die gleichzeitige Bildund Tonaufzeichnung und -wiedergabe. Nach ihrem Einsatzzweck seien sie nicht auf das Aufzeichnen und Anzeigen von Bilddaten beschränkt, sondern würden zusätzlich die Analyse dieser Daten für Überwachungszwecke und die Steuerung des Überwachungssystems überhaupt erst ermöglichen. Dies stelle nach Auffassung der Generalanwältin datenverarbeitende Funktionen dar, die über die Funktionsbeschreibung der Position 8521 KN hinausreichten. Dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 17. März 2005 lasse sich zu der hier entscheidungserheblichen zolltariflichen Frage nichts entnehmen. Denn gemäß den Vorgaben des Vorlagebeschlusses hätte der Gerichtshof nur darüber zu befinden gehabt, ob das Gerät eine eigene Funktion, die sich von der Datenverarbeitung unterscheidet, im Sinne der Anmerkung 5 E zu Kapitel 84 KN ausführt. Dies habe der EuGH bejaht, ohne sich mit der Frage befassen zu müssen, welche tarifliche Einreihung zutreffend sei.
Die Klägerin beantragt,
den Einfuhrabgabenbescheid vom 2. Mai 2006 dahin gehend zu ändern, dass der Zoll von EUR auf EUR herabgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Verwaltungsbehörde ist der Auffassung, dass die der Abgabenberechnung zugrunde gelegte zolltarifliche Einreihung bezüglich der Geräte A zutreffend sei. Aufgrund ihrer objektiven Beschaffenheitsmerkmale und Eigenschaften seien diese digitalen Videorekorder in der Lage, Videobilder und Töne auf die im Gerät enthaltene Festplatte aufzuzeichnen und von dieser wiederzugeben. Damit entsprächen sie dem Wortlaut der Position 8521 (Codenummer 8521 9000 900 KN). Im Hinblick darauf, dass bereits der Wortlaut der Position diese Waren erfassen würde, läge keine Konkurrenz von zwei für die gleiche Ware zutreffende Positionen vor, die nach den allgemeinen Vorschriften (hier 3a) aufgelöst werden müsste.
Die Position 8521 KN setze von ihrem Wortlaut her nicht voraus, dass eine gleichzeitige Bild- und Tonaufzeichnung bzw. -wiedergabe möglich sein müsste. Dieses zolltarifliche Verständnis der Klägerin fände im Wortlaut der Position keine Stütze. Deswegen könne darin auch kein Kriterium für die Einreihung von Geräten gesehen werden. Auch die von der Klägerin zitierten Erläuterungen würden keinen Ausschluss der strittigen Geräte von der Position 8521 KN begründen. Zwar stellten die Erläuterungen nach ständiger Rechtsprechung ein wichtiges Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen dar, dies sei indes nicht verbindlich. So enthielten die Erläuterungen auch keine abschließende Aufzählung aller Geräte, die von Position 8521 KN erfasst werden und könnten deswegen nicht einschränkend ausgelegt werden. Mithin könnten neben den in den Erläuterungen aufgeführten Waren auch andere, dort (noch) nicht aufgeführte Waren in die hier in Betracht kommende Position 8521 KN eingereiht werden.
Das seitens der Klägerin vorgelegte Gutachten des X sei nicht geeignet, eine Einreihung der strittigen digitalen Videorekorder in die Position 8543 KN zu begründen. Denn die dort herausgestellten fünf Unterschiede zu handelsüblichen Videogeräten des Consumerbereichs würden sich an Merkmalen orientieren, die vom Wortlaut der Position nicht vorgegeben würden. So verlange der Wortlaut der Position 8521 KN gerade nicht, dass ein Videotuner eingebaut sein müsste ("auch"). Der Wortlaut der Position 8521 KN gebe weder ein bestimmtes Aufzeichnungsformat vor, noch sei darin die Bildwiederholfrequenz und eine ggf. geringe Bildauflösung als Einreihungskriterium festgelegt. Zu Art und Weise der Tonaufzeichnung enthalte der Wortlaut der Position genauso wenig eine Vorgabe wie zu der Frage, ob das Tonsignal gemeinsam mit dem Bildsignal auf der Festplatte eines Gerätes abgespeichert werden müsste und dass eine Synchronisation zu erfolgen hätte.
Soweit sich die Klägerin auf die Ausführungen der Generalanwältin im Verfahren Ikegami stützen wolle, ließe sich den dortigen Ausführungen keine eindeutige Aussage zur Einreihung des Videogerätes entnehmen. Das Urteil des Gerichtshofes sage zur zutreffenden Einreihung der Ikegami Geräten ebenfalls nichts aus, weil die an den Gerichtshof gerichtete Fragestellung eine andere gewesen sei.
Die Klägerin hat angeregt, bezüglich des zutreffenden zolltariflichen Verständnisses der Position 8521 KN den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften anzurufen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist nicht begründet. Die Verwaltungsbehörde hat nach zutreffender Einreihung der Waren in die Position 8521 der Kombinierten Nomenklatur der Abgabenberechnung in dem streitgegenständlichen Abgabenbescheid den im Zolltarif vorgesehenen Zollsatz zugrunde gelegt. Die Abgabenfestsetzung verletzt die Klägerin mithin nicht in ihren Rechten.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des Bundesfinanzhofes ist im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren im maßgeblichen Zeitpunkt der Abgabenschuldentstehung vorhandenen objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen der Kombinierten Nomenklatur und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 13. Juli 2006, Uroplasty BV - C-514/04 und EuGH-Urteil vom 17. Mai 2005, Ikegami, C-467/03, Sammlung 2005, I.-2389). Dabei kann auch der Verwendungszweck der Ware ein objektives Tarifierungskriterium sein, sofern er - was sich anhand der objektiven Merkmale und Eigenschaften der Ware beurteilen lassen muss - dieser innewohnt. Die von der Kommission erstellten Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur und die im Rahmen der Weltzollorganisation ausgearbeiteten Erläuterungen zum Harmonisierten System zur Bezeichnung und Kodierung der Waren sind ein wichtiges, wenn auch nicht rechtsverbindliches Hilfsmittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen (vgl. z.B. Ikegami, Rdnrn. 17 und 23). Die hier streitgegenständlichen Geräte A 1 und A 2 stellen nach den objektiven auch auf den Verwendungszweck hinweisenden Merkmalen und Eigenschaften Videogeräte zur Bild- und Tonaufzeichnung oder -wiedergabe dar, sodass die Waren vom Wortlaut der Position 8521 KN erfasst werden.
Mit der Frage, welche Beschaffenheitsmerkmale eine als Videogerät zur Bildund Tonaufzeichnung oder -wiedergabe bezeichnete Ware aufweisen muss, hat sich der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in dem Verfahren Goldstar Europe befasst (Urteil vom 13. Dezember 1994 C-401/93 in Sammlung 1994 I-5607 ff.).
Nach Randnummer 23 der Urteilsgründe besteht der Zweck eines solchen Videogerätes in der Bild- und Tonaufzeichnung oder -wiedergabe. Der Generalanwalt hat dies in seinen Schlussanträgen (Rdnr. 29) dahingehend erläutert, dass wesentliches Beschaffenheitsmerkmal eines Videogeräts dessen Fähigkeit sei, Bilder und Ton aufzuzeichnen und wiederzugeben. Technisch ausgedrückt zeichne es die den Bildern und den Ton betreffenden elektrischen Impulse (Signale) auf einen Träger, ..., auf und wandele aufgezeichnete Signale in Bilder und in Ton um.
Der Gerichtshof stellt in Randnummer 26 seiner Entscheidungsgründe fest, dass sowohl die mechanischen Elemente, die in dem damals zu entscheidenden Fall auf dem Gerätechassis angeordnet waren, ebenso wie die elektronischen Elemente unentbehrlich für die besondere Funktionsweise eines Videogerätes seien. Die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale eines solchen Gerätes lägen in der Kombination aus den mechanischen und den elektronischen Teilen. Dass die Geräte, deren Einreihung im vorliegenden Fall problematisiert wird, die Fähigkeit haben, Bilder aufzuzeichnen und wiederzugeben, ist unbestritten. Dies wurde auch von der Klägerin zu keinem Zeitpunkt anders dargestellt. Abgesehen davon, dass bereits in der Zollanmeldung die Ware ausdrücklich als Videogeräte zur Bild- und Tonaufzeichnung oder -wiedergabe mit eingebauten Videotuner beschrieben wurden, wird sowohl in dem von der Klägerin vorgelegten Benutzerhandbuch wie auch in den im Internet zu diesem Gerätetyp allgemein zur Verfügung stehenden Informationen auf die vielfältigen Bildaufnahme- und Wiedergabefunktionen dieses Gerätetyps verwiesen. Im Benutzerhandbuch wird das Gerät als "digitaler Videorekorder" bezeichnet. Im Internet findet sich unter der Produktbeschreibung A der Zusatz "digitale Aufnahmelösung: Genau die Bilder, die Sie brauchen." Danach stellt A einen auf modernster Technik basierenden digitalen Bildspeicher dar. Dieser biete alle Vorteile der digitalen Aufzeichnung, wobei sich die wirklich herausragenden Vorteile bei der Bildwiedergabe ergeben würden. Auf Knopfdruck bestünde Zugriffsmöglichkeit auf die gewünschten Kameraaufnahmen zu einem beliebigen Zeitpunkt und, falls gewünscht, sogar gänzlich unabhängig vom Standort des Bildspeichers. Infolge einer ausgefeilten integrierten Aktivitätserkennung sei eine Programmierung dergestalt möglich, dass sich die Aufzeichnungsrate erhöhe, wenn Bewegungen erkannt würden. Dadurch könne das Gerät wichtigere Szenen mit höherer Aufzeichnungsgeschwindigkeit speichern. Die Aufnahmegeschwindigkeit könne bei diesen Geräten bis zu maximal 50 Bildern pro Sekunde gesteigert werden.
Die zu betrachtenden Geräte erfüllen auch unproblematisch die Voraussetzung der Bildwiedergabe. Zu den zahlreichen Möglichkeiten, die dabei bestehen, wird auf die Darstellungen im Benutzerhandbuch und insbesondere auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 9. Oktober 2006 Bezug genommen, da diese Fähigkeit des Gerätes grundsätzlich nicht streitig ist. Klarstellend ist dabei allerdings darauf hinzuweisen, dass die A Geräte nur die entsprechenden Signale aussenden. Die Darstellung der Bilder erfolgt auf einem Monitor, der nicht Teil des streitgegenständlichen Gerätes ist.
Die Klägerin meint nun, der Wortlaut der Tarifposition 8521 KN stelle an die Fähigkeit zur Bild- und Tonwiedergabe höhere Anforderungen als die vorstehend beschriebenen. Sie stützt sich dabei insbesondere auf die Erläuterungen der WCO zu der Position 8521 HS. Dabei hebt die Klägerin insbesondere darauf ab, dass dabei Videogeräte genannt werden, die an eine Fernsehkamera oder an ein Fernsehempfangsgerät angeschlossen werden können, sowie des weiteren darauf, dass Bilder und Töne aufgezeichnet würden. Aus letzterem schließt sie dann, dass diese Aufzeichnung und auch Wiedergabe gleichzeitig erfolgen müsste. Die Formulierung aus den Erläuterungen "gewöhnlich wird der das Bild begleitende Ton zugleich mit dem Bild auf demselben Träger ... aufgezeichnet" wird dabei weder mitgeteilt noch thematisiert. Durch die Erläuterungen kann - worauf bereits hingewiesen wurde - keine verbindliche Regelung getroffen werden. Insbesondere sind die Erläuterungen nicht dazu geeignet, dem Wortlaut einer Position der Kombinierten Nomenklatur einen davon abweichenden Inhalt zu verleihen. Aus dem Wortlaut lässt sich indes keine Einschränkung dahin gehend ableiten, dass diese Position nur solche Geräte erfassen soll, bei denen die Bild- und Tonaufzeichnung gleichzeitig erfolgt und eine Wiedergabe in Form von synchronisierter Bildwiedergabe möglich sein müsste. Ein solcher gedanklicher Ansatz lässt sich darüber hinaus auch nicht vom Wortlaut der Erläuterung herleiten, denn diese gehen vielmehr davon aus, dass "gewöhnlich" der das Bild begleitende Ton zugleich mit dem Bild auf dem selben Träger aufgezeichnet werden würde. Diese Formulierung macht deutlich, dass es auch aus der Sicht der WCO durchaus Konstellationen geben kann, bei denen eine solche "zugleich" erfolgende Aufzeichnung nicht stattfindet. Damit lässt sich aus dieser Erläuterung jedenfalls nicht herleiten, dass ein Gerät zur Aufzeichnung und Wiedergabe von Bildern nur dann als Videogerät im Sinne der Position 8521 KN angesprochen werden könnte, wenn Bild und Ton zusammen aufgenommen und ggf. auch wiedergegeben werden können. Entsprechend verhält es sich mit dem weiteren von der Klägerin herausgestellten Merkmal der Anschlussfähigkeit an ein Fernsehgerät. Dieser Ansatzpunkt, der auch der gutachtlichen Betrachtung von X zugrunde liegt, findet im Wortlaut der Position 8521 KN keinen Rückhalt. Denn aus dem Wortlaut der Position lässt sich nichts dazu herleiten, dass damit nur Videogeräte des sog. Consumerbereichs gemeint sein sollen. Wenn Merkmale wie die von Herrn X herausgestellten (z.B. Aufzeichnungsformat oder Bildwiederholfrequenz) für die Frage der tariflichen Einreihung von Bedeutung sein sollten, so hätte dies im Wortlaut der Position der KN festgelegt werden müssen. Dies ist indes erkennbar nicht der Fall.
Nach der Beschreibung der Produkte A 1 und A 2 steht fest, dass diese auch über Audio-Eingänge verfügen, also die Fähigkeit haben, Tonsignale aufzuzeichnen und diese Signale auch für die entsprechende Wiedergabe umzuwandeln. Zwar können die Geräte die Bild- und Tonaufzeichnungen nicht in der Art eines Filmes speichern und zur Wiedergabe in entsprechende Signale umsetzen. Dennoch findet eine gewisse Zuordnung der Töne zu den aufgezeichneten Bildern statt. Dies ergibt sich aus den Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung. Denn für den sog. Export von Bildern werden diese in ein Containerformat gebracht, wobei die entsprechenden Audio- und Videosignale in dieser Datei zusammengefasst sind. Bei Aufruf einer solchen Datei erfolgt dann auch die gemeinsame Wiedergabe der so gespeicherten Bild- und Tonsignale.
Der Senat sah keine Notwendigkeit, sich mit diesen technischen Einzelheiten näher zu beschäftigen, weil es nach dem Wortlaut der Position ausreicht, wenn das Gerät die Fähigkeit hat, Bild- und Tonsignale aufzuzeichnen und wiederzugeben. Auf die Gleichzeitigkeit bzw. Synchronität der Tonwiedergabe kommt es nicht an.
Die Klägerin kann sich für ihre Tarifauffassung weder auf die Schlussanträge noch auf das Urteil des Gerichtshofes in der Sache Ikegami stützen. Nach Auffassung der Klägerin sollen die Geräte des Typs A der Position 8543 KN zugeordnet werden. Diese Position spielte im Verfahren Ikegami keine Rolle. Der Tarifstreit ging in jenem Fall um die Positionen 8471 KN und 8521 KN. Dabei hielt Ikegami die Position 8471 KN für zutreffend. Das in jenem Verfahren den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften anrufende Finanzgericht hatte allerdings nicht Fragen zum zutreffenden Verständnis dieser Tarifpositionen gestellt, sondern vielmehr die Problematik darauf beschränkt, ob das von der Firma Ikegami eingeführte Gerät eine eigene, andere Funktion als die der Datenverarbeitung ausführen würde. Während die Generalanwältin in ihren Schlussanträgen diese Vorlagefrage im Kontext der angesprochenen Tarifpositionen erörterte und sich dabei auch mit dem Inhalt der Position 8521 KN beschäftigte, findet sich dazu im Urteil des Gerichtshofes nichts. Der Gerichtshof verwendet vielmehr insbesondere in den Absätzen 22, 24 und 25 des Urteils die Begriffe der Aufzeichnung von Bild und Ton sowie deren Wiedergabe, verwendet diese Feststellungen aber im Hinblick darauf, dass der Verwendungszweck der Geräte im Rahmen der Videoüberwachung liegt, dazu, um daraus herzuleiten, dass dieser Einsatzbereich eine andere, eigene Funktion bedeutet, die über die automatische Datenverarbeitung hinausgeht. Aber auch die Ausführungen der Generalanwältin stützen die Überlegungen der Klägerin letztlich nicht. Zwar vertritt sie (vgl. Randnr. 46) die Auffassung, dass bei einem Aufzeichnungs- und Wiedergabegerät Bild und Ton gleichzeitig aufgezeichnet bzw. wiedergegeben werden können müssen. Eine exakte Herleitung aus dem Wortlaut der Position wird aber nicht angeboten. Soweit die Generalanwältin aus dem Begriff "Videogeräte" ableitet, dass das Aufzeichnen bewegter Bilder zumindest möglich sein müsse, entspricht die Bildaufnahmefrequenz der Geräte vom Typ A - im Gegensatz zu dem Gerät der Firma Ikegami - der von der Generalanwältin genannten Bedingung mit ca. 23 bis 25 Bildern pro Sekunde. Denn die Aufnahmefrequenz der einzelnen Kamera kann bis zu 50 Bildern pro Sekunde gesteigert werden. Die maximale Bildfrequenz bei der Wiedergabe wird von der Generalanwältin bei dem Ikegami Gerät jedenfalls als zu gering eingestuft. Dennoch endet dieser Absatz mit dem Hinweis, dass die Position 8521 KN "allerdings nicht von vornherein außer Betracht gelassen werden" sollte. Bei der Bewertung der Überlegungen der Generalanwältin darf zudem nicht außer Acht bleiben, dass der gedankliche Ansatz in jenem Verfahren ein anderer war als hier. Aus dem Vorschlag der Generalanwältin wird zudem deutlich, dass sie eine Einreihung des Gerätes der Firma Ikegami in die Position 8471 KN für zutreffend gehalten hätte.
Vorliegend wird zwar aus manchen Ausführungen der Klägerin deutlich, dass sie im Ergebnis auch der Auffassung zuneigt, dass die von den Geräten A als "Herzstück" der entsprechenden Überwachungssysteme geleistete Überprüfung der aufgenommenen Daten und - gemäß erfolgter Programmierung - vorgesehener Reaktionen es eher gerechtfertigt hätten, ihre Geräte ebenfalls als nach dem Hauptzweck der Datenverarbeitung zuzuordnende zu betrachten. Dieser Weg ist indes nach dem Urteil des Gerichtshofes in Sachen Ikegami versperrt. Die von der Klägerin favorisierte Position 8543 KN stellt lediglich eine Auffangposition dar, die in einem Fall wie dem vorliegenden nur zum Zuge kommen könnte, wenn die Geräte A nach ihren objektiven Merkmalen und ihrem Verwendungszweck nicht unter den Wortlaut der Position 8521 subsumiert werden könnten. Dies ist der Klägerin auch gegenwärtig. Die Geräte werden dadurch, dass sie über das komprimierte Speichern von Signalen von Videokameras für die Wiedergabe auf Monitoren hinaus diese aufgezeichneten Daten nach Maßgabe der implementierten Software prüfen und ggf. Alarme auslösen, nicht zu anderen Geräten, die von der Position nicht mehr erfasst würden. Denn insoweit beruhen auch diese weitergehenden Funktionen grundlegend darauf, dass die Geräte zunächst einmal die Bilder aufzeichnen und zum Abruf bereithalten. Damit liegt die Hauptaufgabe dieser Geräte im Bereich eines Videoüberwachungssystems in der Bild- und Tonaufnahme und Wiedergabe. Dies entspricht nach dem Verständnis des Senates auch der Produktbeschreibung der Klägerin, die diese für interessierte Wirtschaftskreise zur Verfügung stellt.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.
Da der Senat keine Zweifel an dem zutreffenden Verständnis der Tarifpositionen hat, besteht kein Anlass, der Anregung der Klägerin zur Anrufung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften zu folgen.
Ende der Entscheidung
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